(Prejus) Die BRAK spricht sich nachdrücklich gegen eine anlasslose flächendeckende Speicherpflicht von Verkehrsdaten aus. Der am 16.10.2015 im Plenum des Bundestags zur abschließenden Beratung anstehende Gesetzentwurf zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten sieht vor, dass Telekommunikationsunternehmen verpflichtet werden, sämtliche Verkehrsdaten für zehn Wochen und Standortdaten für vier Wochen zu speichern. Ausgenommen werden sollen lediglich Verbindungen zu Anschlüssen von Personen, Behörden und Organisationen im sozialen oder kirchlichen Bereich, die ganz oder überwiegend telefonische Beratung in seelischen oder sozialen Notlagen anbieten und die selbst oder deren Mitarbeiter insoweit besonderen Verschwiegenheitsverpflichtungen unterliegen. Für Berufsgeheimnisträger gilt dagegen ein bloßes Abrufverbot der Daten durch die Strafverfolgungsbehörden.
Dabei wird verkannt, dass die anwaltliche Verschwiegenheit für die betroffenen Mandanten von vergleichbar existenzieller Bedeutung ist. Das Speichern von Daten darüber, wer, wann, wie lange mit seinem Rechtsanwalt kommuniziert hat, widerspricht dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz.
„Wir halten die Vorratsdatenspeicherung, auch wenn sie jetzt nicht mehr so heißt, nach wie vor für verfassungswidrig“, begründet BRAK-Präsident Ekkehart Schäfer die Ablehnung. „Der Schutz der anwaltlichen Kommunikation ist mit den vorgesehenen Regelungen nicht gewährleistet, denn selbst die bloße Speicherung bietet, auch ohne eine Abrufmöglichkeit, ein erhebliches Missbrauchspotenzial.“
Bereits die Speicherung der Daten stellt eine nicht zu akzeptierende Beeinträchtigung des Berufsgeheimnisses und damit des zwingend erforderlichen Vertrauensverhältnisses dar. Sie ermöglicht die Erstellung aussagekräftiger individueller Persönlichkeits- und Bewegungsprofile und die Aufdeckung von Entscheidungsabläufen. Ob jemand z. B. mit einem Abgeordneten, Arzt, Apotheker, Journalisten, Rechtsanwalt oder Steuerberater Kontakt aufgenommen hat, unterliegt bereits dem Berufsgeheimnis und muss ohne jede Ausnahme vertraulich bleiben. Das Bewusstsein der Speicherung persönlicher Daten vermittelt das Gefühl staatlicher Überwachung und Kontrolle, was dazu führen kann, dass Betroffene eine Kontaktaufnahme unterlassen. Der freie, ungehinderte und vertrauliche Zugang zu medizinischer Versorgung, rechtlicher und wirtschaftlicher Beratung sowie Vertretung muss jedoch uneingeschränkt gewährleistet bleiben. Ein ungestörtes und vor staatlicher Kontrolle geschütztes Vertrauensverhältnis zwischen den Berufsgeheimnisträgern und ihren PatientInnen und MandantInnen ist essenziell für ein funktionierendes Gesundheitssystem und eine funktionierende Rechtspflege.
Quelle: Presseerklärung der Bundesrechtsanwaltskammer Nr. 16 vom 14.10.2015.